Motorola ist zurück in der Schweiz – mit Kampfpreisen

Lange war Motorola in der Schweiz nicht so richtig präsent. Nun ist der amerikanische Handy-Hersteller zurück. Wir haben das Topmodell getestet. Und das Edge 20 Pro 5G überrascht mit Kampfpreisen.

TextLorenz Keller

Pros

  • Gutes Verhältnis von Preis und Leistung
  • Nahezu unverändertes Android 11
  • Schneller Touchscreen
  • Gute Kamera mit 5x-Zoom
  • Lange Akkulaufzeit

Cons

  • Konventionelles Design
  • Kein drahtloses Laden
  • Kamera schwach bei Nacht und Makro

Der US-Hersteller Motorola gehört ja inzwischen zu Lenovo. Und der Markenname steht für eine glorreiche Vergangenheit mit Kultmodellen wie dem Razr. Bei uns ist im Smartphone-Zeitalter Motorola Schritt für Schritt verschwunden, in den letzten Jahren gabs keinen richtigen offiziellen Vertrieb mehr. Nun ist Motorola zurück in der Schweiz – mit Kampfpreisen.

Und zwar kommen zuerst drei 5G-Modellen der Edge-Serie. Das Edge 20 aktuell zu Preisen ab 430 Franken, das Edge 20 Lite für 365 Franken und das Edge 20 Pro für 695 Franken. Wir haben das Flaggschiff ausprobieren können, das in Konkurrenz zu den Topmodellen von Apple, Samsung oder Oppo stehen soll.

Unglaublich viel Ausstattung

Das neue Smartphone von Motorola hat zuerst einmal alles, was man von der Oberklasse erwartet. Der 6,7-Zoll-Oled-Screen hat eine hohe Auflösung eine 144 Hertz Bildwiederholrate – mehr als die meisten Konkurrenten in diesem Bereich.

Der Snapdragon-870-Prozessor ist allerdings nicht das Beste, was momentan erhältlich ist. Das wäre für Android-Geräte der Snapdragon 888 gewesen. Im Alltag reicht die Nummer zwei aber völlig aus, 5G wird ebenfalls unterstützt. Zudem gibts gleich 12 GB Arbeitsspeicher und 256 GB Speicher, die erst noch erweiterbar sind.

Zur umfassenden Ausstattung gehört auch eine Dreifachkamera mit 108 Megapixel Hauptsensor und der 4500 mAh grosse Akku. Der Fingerabdruck-Scanner ist nicht unter dem Bildschirm wie bei der Konkurrenz von Oppo und Samsung, sondern an der Seite. Aber das ist im Alltag auch okay.

Einzig in zwei Bereichen muss man Abstriche machen: Das Motorola ist nicht wasserdicht, sondern nur nach iP52 wasserfest. Und man kann das Gerät nicht drahtlos laden.

Unterdurchschnittlich ist auch der Lautsprecher. Es gibt nur einen, also nur Mono und kein Stereo. Und der Speaker klingt leider auch nicht besonders gut.

Konventionelles und langweiliges Design

Leider scheint der US-Hersteller beim Design nicht an alte Qualitäten anknüpfen zu können. Das Edge 20 Pro sieht zwar nicht schlecht aus, aber halt auch sehr langweilig. Die Kameras übereinander, ein texturiertes Blau auf der Rückseite. Durchaus okay, aber halt schon Dutzende Male in dieser Art gesehen.

Die einzige Möglichkeit, dem Gerät etwas Persönlichkeit zu verleihen, ist die Wahl von veganem Leder. Die gibts nicht überall, doch das könnte sich lohnen. Oppo hat vor zwei Jahren das Find X2 Pro mit solchem Material ausgestattet. Angenehm, nicht rutschig und trotzdem langlebig. Bei Oppo war das Kunstleder orange und sehr auffällig, bei Motorola ist es mit einem dunklen Blau deutlich weniger extrem.

Während der Fingerabdruck-Scanner im Powerbutton sehr schnell reagiert, liegt er ziemlich hoch. Mit kleinen Händen kann das zu einem Problem werden.

Sehr gut gefällt der Lieferumfang: Man bekommt gleich ein 30-Watt-Schnellladegerät in der Box mitgeliefert – und auch eine durchsichtige Schutzhülle.

So schnell kann ein Screen sein

Mit dem Screen richtet man sich auch an Zocker. 144 Hertz bieten nur einige spezialisierte Gaming-Smartphones. Der ausreichend helle Bildschirm unterstützt damit schnelle Grafik-Wechsel und wirkt sehr flüssig.

Das ist auch etwas, was man im Alltag sehr wohltuend bemerkt. Obwohl das Edge 20 Pro nicht den schnellsten Prozessor hat, starten Apps flott auf, und beim Scrollen gibts keine Ruckler. Dass der Touchscreen auch Berührungen besonders genau und schnell erkennt, das würde man erst beim Gamen bemerken. Dann, wenn jeder Touch über Sieg oder Niederlage entscheidet.

Die Abtastrate für Berührungen ist mit 480 Hertz besonders hoch, in Spielen kann sie bis auf 576 Hertz steigen.

Insgesamt ist das Erlebnis auch so stimmig, weil Motorola auf ein fast pures Android setzt – aber leider noch auf Android 11. Ergänzt wird dies durch eigene Einstellmöglichkeiten wie etwa praktische Gesten, um etwa die Taschenlampe oder die Kamera ganz schnell zu starten.

Der Akku hält lange, lädt aber nur am Kabel

Die Batterie ist mit 4500 mAh anständig gross. Erfreulicherweise merkt man das im Alltag. Auch wenn man die höchste Bildwiederholfrequenz eingestellt hat, kommt man noch durch den Tag. Am besten nutzt man die variable Display-Einstellungen, welche die Hertz-Zahl den Erfordernissen anpasst, dann hält der Akku lange.

Man kommt so auf eine Bildschirm-Nutzungszeit von rund zehn Stunden. Vielnutzer werden das an einem Arbeitstag auch nicht durchbringen, alle anderen kommen vielleicht sogar auf zwei Tage ohne Nachladen.

Beim Laden hat Motorola allerdings den Rotstift angesetzt. Das Edge kommt zwar mit 30-Watt-Ladegerät, doch irgendwie hat man das Gefühl, dass es ziemlich lange geht, bis die Batterie wieder voll ist. Eine Ladung dauert knapp zwei Stunden, einige Konkurrenten sind doppelt so schnell. Auf drahtloses Laden hat der US-Hersteller übrigens auch verzichtet.

Kameras mit Licht und Schatten

Der 108-Megapixel-Hauptsensor von Samsung macht im Motorola schöne Bilder bei guten Lichtverhältnissen. Auch bei hohen Kontrasten gelingt der Software einen guten Ausgleich, es gehen dabei auch fast keine Details verloren.

Schön auch, dass man bei Tageslicht keine grossen Qualitätsunterschiede zur Weitwinkel-Linse mit 16 Megapixeln machen muss. Farben und Look bleiben derselbe, egal, ob man Weitwinkel oder Normal fotografiert.

Was auffällt im Vergleich zum iPhone: Die Farben sind viel natürlicher. Während das iPhone den Himmel schön blau macht, so wie es sein könnte und wie es hübsch aussieht, bleibt das Motorola ehrlich und damit etwas weniger knallig. Allerdings sind gerade im Himmel dann beim teureren Apple-Gerät noch ein paar Details mehr in der Wolkendecke zu finden.

Toll, dass Motorola sogar einen optischen Fünffach-Zoom bietet. Der ist ist bis 5x oder 10x sehr gut, in der Maximalauflösung dann aber nicht wirklich brauchbar. Da holt etwa Samsung aus der Periskop-Kamera noch etwas mehr heraus. Umgekehrt bieten viele Konkurrenten kein so gutes fünffaches Zoom.

Die Qualität bei Motorola stimmt auch noch, wenn man voll in die Sonne hinein fotografiert. Und auch die 32-Megapixel-Selfiecam schiesst schöne Fotos mit natürlichen Farben.

Abstriche muss man in drei Bereichen machen. So fehlt eine Stabilisierung und ein schneller Fokus. Das merkt man, wenn man sich bewegende Objekte aufnehmen will. Auch ganz nahe kommt man Sujets nicht. Ein guter Makro-Modus fehlt. Das gilt auch für den Nachtmodus. Der ist zwar vorhanden, kann aber mit der Konkurrenz aus der Oberklasse nicht mithalten.

Motorola ist zurück in der Schweiz – mit Kampfpreisen

Das neue Motorola Edge 20 Pro 5G beeindruckt nicht optisch oder mit Features, die man sonst nirgendwo findet. Viel eher, weil man zum Preis von knapp 700 Franken viel von dem erhält, was auch Flaggschiffe für über 1000 Franken bieten.

Insgesamt ist das ein rundes Paket für den Alltag mit allem, was man so braucht. Ein anständiges Kamerasystem mit vielen Möglichkeiten, ein grosser und schöner Screen, eine lange Akkulaufzeit.

Zusätzlich gibts noch ein ganz spezielles Feature: Man kann nämlich das Motorola ganz einfach an einen grossen Bildschirm anschliessen, worauf die Apps darauf skalieren. Das passende Kabel liegt gleich bei. Man kann das Phone auch gut als Webcam nutzen.  

Zu der Konkurrenz gehört unter anderem Oppo. Hier bekommt man etwa das Reno 6 für deutlich weniger Geld – das Gerät ist aber nicht so weit vom Motorola weg.