Das beste Kamera-Handy kostet nur 600 Franken

Gigantischer Vergleich von Smartphone-Kameras: Der weltweit bekannteste Tech-Youtuber Marques Brownlee hat seine User wählen lassen. Der Sieger ist ein Google Pixel – aber nicht das neuste Modell.

TextLorenz Keller

Für die etablierten Hersteller ist der grosse Blind-Kameratest von Marques Brownlee jeweils der Horror. Der Tech-Youtuber mit über 15 Millionen Abonnenten lässt jeweils die neusten Modelle gegeneinander antreten – und die Favoriten fallen jeweils überraschend schnell aus dem Rennen. Dieses Jahr kostet das beste Kamera-Handy nur 600 Franken.

Schon letztes Jahr gabs mit dem Asus Zenfone 7 Pro einen exotischen Sieger, den wohl niemand als Favorit gesehen hatte. Im Test zeigte sich dann, dass das Gerät tatsächlich erstaunlich gut und somit ein echter Geheimtipp ist. Die Review kann man hier nachlesen.

16 Handys treten im K.-o.-System gegeneinander an

Das Prinzip ist einfach: Das Team des Youtubers hat mit 16 aktuellen Modellen Fotos aufgenommen und lässt nun jeweils zwei zufällig gegeneinander antreten. Dazu wurden die Fotos den Fans auf Instagram gezeigt – natürlich ohne dass die wussten, wer überhaupt am Wettbewerb beteiligt ist.

Der Sieger kommt weiter, der Verlierer ist raus – bis am Schluss ein Sieger feststeht. Dank Zehntausenden Abstimmenden bei jedem Duell und insgesamt über drei Millionen Votes sind die Resultate durchaus aussagekräftig, und man sieht, was den Geschmack der Mehrheit trifft.

Und wie an der K.-o.-Runde der Fussball-Weltmeisterschaft hat man halt nur eine Chance: So fliegen schon in der ersten Runde Favoriten wie das Oppo Find X3 Pro oder das Google Pixel 6 raus.

Das iPhone 13 Pro übersteht zwar das erste Mal seit Jahren diese erste Runde, aber auch hier ist in der zweiten Runde Schluss. Gleich geht es dem Samsung Flaggschiff, dem Galaxy S21 Ultra, das gegen das Gaming-Phone Rog 5 von Asus verliert.

Der Sieger ist eines der günstigsten Phones im Vergleich

Im Final stehen sich dann das OnePlus 9 Pro und das Google Pixel 5a gegenüber. Und das Google Pixel entscheidet das Duell mit 75 Prozent der Stimmen klar für sich. Das Gruppenfoto ist einfach viel ausgewogener, und der Himmel zeigt mehr Dynamik.

Ganz allgemein überzeugte die Kamera im Pixel 5a mit hellen, aber nicht zu überzeichneten Fotos. Sie sind nicht extrem, fallen aber auch in schwierigen Situationen nicht ab. Das Google kommt gut mit Gegenlicht und starken Schatten klar. Schafft es aber trotz viel Software-Nachkorrektur aber auch, Farben trotzdem natürlich darzustellen.

Wie man am grossen Blindtest gesehen hat, trifft das Pixel 5a den Massengeschmack perfekt. Und liefert gute Qualität, auch wenn man einfach nur das Handy einschaltet, die Kamera-App aufstartet und loslegt. Keine speziellen Einstellungen, vollautomatischer Fokus. Genauso fotografiert die grosse Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer – und genauso wurden auch die Testfotos geschossen.

Gerade mal 399 Dollar kostet das Pixel 5a in den USA und ist damit das günstigste Phone im Test. Bei uns ist es nur vereinzelt als Import erhältlich und kostet knapp 600 Franken.

Das Pixel 5a kam im Sommer auf den Markt und war als Mittelklassegerät gedacht. Der Snapdragon-765G-Prozessor mit 6 GB Arbeitsspeicher ist inzwischen fast zwei Jahre alt und unterstützt 5G. 128 GB Speicher sind eingebaut und ein 4680 mAh grosser Akku. Der Screen ist mit 6,34 Zoll so mittelgross, auch alles andere ist irgendwie so mittelmässig.

Ausser eben das Kamerasystem mit 12-Megapixel-Hauptkamera und 16-Megapixel-Weitwinkel-Sensor. Hier erhält man Oberklassequalität, die laut dem Massengeschmack sogar das neuste Modell, nämlich das Google Pixel 6, schlägt.

Das macht eine gute Handy-Kamera aus

Die grossen Blind-Tests der letzten vier Jahre haben nicht nur Techexperten wie Marques Brownlee einige Erkenntnisse gebracht, sondern auch den Smartphone-Herstellern, welche die Vergleiche immer genau angeschaut haben.

Wenn alles ähnlich aussieht, dann gefällt den Leuten in einem direkten Vergleich normalerweise das hellere Bild. Schärfe dagegen ist viel weniger wichtig, da diese auf Social Media und auf Handybildschirmen sowieso verloren geht.

Aber genau dort wird ja der Grossteil der Bilder angezeigt. Spannend auch, dass die meisten Leute ein möglichst «fertiges» Foto wollen. Also nicht unbedingt das beste mit allen Details und Daten, das man wunderbar mit einem Fotobearbeitungsprogramm optimieren kann. Sondern eben eines, das man sofort teilen oder posten kann. 

Das beste Kamera-Handy kostet nur 600 Franken

Auch dieses Jahr zeigt sich im grossen Blindtest, dass nicht unbedingt ein Top-Gerät für über 1000 Franken jene Bilder macht, die den Nutzerinnen und Nutzern wirklich am besten gefallen.

Manchmal reicht auch ein Mittelklassegerät wie das Google Pixel 5a, das mit seiner anständigen, aber keineswegs überragenden Hardware und der sehr guten Kamerasoftware genau diesen Spagat schafft.

Nämlich mit möglichst wenig Aufwand in jeder Situation gute Bilder schiessen, die «fertig» sind und gleichzeitig nicht total künstlich wirken. Ein Spagat, den manche Flaggschiffe nicht so gut hinkriegen.